Etwas später im Frühling nimmt Sternenstaub gefallen an dem würzigen Aroma vom Bärlauch. Schon der Duft, den das Einhornkind durch seine feine Spürnase einatmete, läßt unbändige Kraft in ihm hochsteigen. Bärlauch sei gerade im Frühjahr sehr reinigend und brächte neue Kraft. Stark und kraftvoll wie ein Bär, solle man sich nach dem Verzehr fühlen. Familie Einhorn nahm bei ihren Steifzügen durchs magische Land immer eine Hand voll für die tägliche frische Zubereitung ihrer Speisen mit nach Hause. Es gab da eine Stelle im magischen Wald, am Lauf des Goldbachs, ein vom Schmelzwasser des Schnees plätschernder Fluss, wo das Knoblauchgewächs genug Sonne und Wasser bekam, um nach dem langen Winterschlaf aus der Erde, durch das trockene Laub vom Vorjahr, zu schlüpfen.
Zuhause in der gemütlichen Küche angekommen, streute Mama Einhorn, die unter fließendem Wasser gereinigten und klein geschnittenen Blätter über die Speisen als Würze. Bevorratung in großen Vorratskammern, wie wir sie als Menschen kennen, gab es im magischen Land überhaupt nicht. Der einzige Vorrat, der aus Bärlauch von Mama hergestellt wurde, war ein aus Blättern bereitetes Salz zur Geschmacksverfeinerung der Nahrung. Hierzu nahm die wissende Hausfrau eine Hand voll frisch gewaschene und mit einem Geschirrtuch trocken getupfte Blätter, schnitt diese sehr fein und mischte die Masse unter ein gutes Speisesalz. Das Gemisch gab sie auf ein großes Backblech, deckte dieses mit einem sauberen Geschirrtuch ab und stellte das Ganze in einen kühlen, dunklen Raum zum Trocknen. Nach ein, zwei Tagen füllte Mama das getrocknete Salz in saubere Schraubgläser, beschriftete sie ordnungsgemäß und hatte so einen ausreichenden Vorrat übers ganze Jahr.
Papa Einhorn liebte einen kräftigen Schnaps aus den Bärlauchblättern. Auch er war oft mit seiner Frau in der Küche am Werkeln und Tun. Er schnitt die gereinigten Blätter des Wildkrautes grob klein und gab sie in ein großes, verschließbares Glasgefäß. Das Kraut goss er mit hochprozentigem Schnaps auf, den er von seinem Bruder besorgte, der diesen selbst brannte. Der Ansatz blieb vier Wochen verschlossen an einem dunklen, kühlen Raum stehen, sodass er Zeit zum Durchziehen hatte.
Und im Frühjahr gab es zum Abendessen öfter in der Woche ein frisch gebackenes Vollkornbrot, das viele Ballaststoffe enthielt. Ballaststoffe binden Schadstoffe im Darm und regen das Sättigungsgefühl an. Dazu sollte man viel Wasser trinken. Das Wasser kam direkt aus der klaren Bergquelle hinterm Haus der Familie Einhorn. Papa Einhorn hatte einen Brunnen aus Stein gebaut. Auf das Brot kam Butter und fein geschnittener Bärlauch. Einhornkind liebte dieses schnelle und einfache Abendessen, auch wenn sein Gaumen, trotz Zähneputzen, die ganze Nacht einen knoblauchartigen Geschmack hat.